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ESPI on site: Öko-Designerin Petz Scholtus auf der TYPO 2012

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Kann gutes Design uns aus der ökologischen, finanziellen, emotionalen und sonstigen Krise führen? Petz Scholtus, geboren 1980 in Luxemburg, lebt und arbeitet heute in Barcelona, begreift sich als Öko-Designerin und verweist einleitend auf die 10 Prinzipien von Dieter Rams aus den 70ern, um kurz darauf an die Knappheit unserer Ressourcen zu erinnern und festzustellen: „good design is complicated“. Was für ein Ritt. Sie spricht schnell und hat die TYPO Hall schnell auf ihrer Seite.

Petz Scholtus realisiert mit ihrem Studio Poko Design unter anderem  das „R3project“, die  umweltfreundliche Renovierung des „Barrio Gótico“, ein Viertel in Abarcelona, das zum alten Stadtkern gehört. Mit ihrem begleitenden Blog über das Projekt motiviert Scholtus zu einem umweltverträglichen Lebensstil. Scholtus hat „o2Spain“ mitbegründet, den spanischen Zweig des „o2“ Öko-Design-Netzwerks, und die „Pecha Kucha Nights“ nach Barcelona gebracht. Zudem ist sie die treibende Kraft hinter „Barcelona Green Map“, dem grünen Stadtplan für Barcelona, was sie zur Stadt-Expertin macht und mit anderen Kreativen vor Ort verknüpft.

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Scholtus zeigt uns bei ihrem Vortrag in rasanter Abfolge wunderschöne Möbel aus Recycling-Materialien und Beispiele dafür, dass nicht unbedingt „grüner“ ist, was grüner erscheint. So ist der Hummer H2 nach umfassender Analyse insgesamt weit weniger umweltschädlich als ein Toyota Prius. Ökobilanzen, solide durchgeführt unter Einbeziehung des gesamten Produktzyklus’, lügen nicht. Solche Produktzyklen schaut sich Scholtus genau an und bezieht dabei (sehr selbstverständlich) den interessanten Gedanken mit ein, dass Produkte auch emotional überdauern müssen: Sie müssen in Mode bleiben, damit wir sie gern behalten und lange benutzen.

Sehr nachhaltig, wenn auch gelinde fragwürdig ist die Idee, T-Shirts herzustellen, die man gar nicht waschen muss, oder Jeans, die man statt in die Waschmaschine in die Tiefkühltruhe steckt: Das tötet zwar Bakterien, nicht aber Kaffeeflecken, stellt Scholtus treffen fest. Nützlicher erscheinen ökologische Fußabdrücke als Teil der Produktinformation zum Beispiel bei Kartoffeln, um Kaufentscheidungen im Supermarkt spontan danach ausrichten zu können.

Petz Scholtus zeigt uns im Schnelldurchlauf unzählige wunderschöne, originelle Beispiele für nachhaltiges, interaktiv wirkendes Grafik- und/oder Produkt-Design. In Erinnerung bleibt zum Beispiel die Tischdecke, die mit jedem Rotweinfleck schöner wird: weil sie sich damit selber einfärbt. Oder Teller, die die Radioaktivität messen, die man mit jeder Mahlzeit zu sich nimmt. Undsoweiter, undsofort ...

„Wow, full of content“, stellt die Moderatorin nach Petz Scholtus’ Vortrag fest. Allerdings!

www.pokodesign.com

Ein besonders schönes Beispiel für Öko-Design: das Gurtbett – The Only Tools You Need To Build This Bed Are Ratchet Straps. Weitere Öko-Möbel hier (Grofurniture) und hier (Roca). Und Papier aus mineralischem Puder, als nur ein Beispiel innovativer, ökologisch sinnvoller Materialien: Terraskin. Für alle, die noch tiefer einsteigen wollen, empfehlen sich diese 55 Öko-Designer sowie weitere spannende Produkt- und sonstige Aktivisten, ansässig in diversen europäischen Ländern: das Magazin Treehugger, Platform21, EcoAlf, Diffus, Ducotedechezvous.

Hier geht es zum englischen Beitrag im TYPO Blog und zum TYPO Berlin Interview mit Petz Scholtus.

TYPO2012 Scholtus1Foto: Gerhard Kassner